Cholesterin: Erhöhte LDL-Werte können Folgeerkrankungen begünstigen
Zum bundesweiten „Tag des Cholesterins“ am 6. Juni informiert Priv.-Doz. Dr. Radovan Alexander Vasko, Ärztlicher Leiter des BBraun Nierenzentrums Bad Kissingen, über die gesundheitlichen Risiken erhöhter Cholesterinwerte.
Er erläutert zudem, welche modernen Therapieoptionen zur Verfügung stehen, um Folgeerkrankungen vermeiden zu können.
Welche Aufgabe hat Cholesterin für den Organismus?
Dr. Vasko: Cholesterin ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Körperzelle. Es verleiht der Zellmembran Stabilität und Flexibilität, reguliert ihre Durchlässigkeit und ermöglicht so den Austausch von Stoffen sowie die Kommunikation zwischen den Zellen. Darüber hinaus spielt Cholesterin eine zentrale Rolle für die Entwicklung und Funktion des Gehirns. Besonders in der Schwangerschaft und in den ersten Lebensjahren ist eine ausreichende Cholesterinversorgung entscheidend. Sie unterstützt den Aufbau von Nervenzellen und die geistige Reifung des Kindes.
Warum ist ein Cholesterinspiegel im Normbereich wichtig?
Dr. Vasko: Ein erhöhter Gesamtcholesterinwert allein lässt nur begrenzt Rückschlüsse auf das tatsächliche Gesundheitsrisiko zu. Entscheidend ist vielmehr die Zusammensetzung des Cholesterins, insbesondere der Anteil des LDL-Cholesterins, auch bekannt als „schlechtes“ Cholesterin. Aus diesem Grund betrachten wir nicht nur den Gesamtwert, sondern vor allem das Verhältnis der verschiedenen Cholesterinfraktionen und das individuelle Risikoprofil. Erhöhte LDL-Werte gelten als kritisch. Sie begünstigen die Bildung von Ablagerungen in den Blutgefäßen. Diese können langfristig zu Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder peripheren Gefäßkrankheiten führen. Ähnlich wie beim Rauchen betrachten wir nicht nur den aktuellen Cholesterinwert, sondern auch die Dauer der Belastung durch erhöhtes LDL-Cholesterin. Dieses Langzeitrisiko wird in sogenannten „Cholesterinjahren“ gemessen, die sich aus der Höhe des LDL-Cholesterins und Anzahl der Jahre ergeben, in denen dieser Wert bestanden hat. Studien zeigen, dass ab ca. 5.000 LDL-Cholesterinjahren das Risiko für Gefäßschäden deutlich ansteigt. Ab 7.000 Cholesterinjahren treten klinische Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall deutlich häufiger auf.
Was sind Gründe für erhöhte Werte?
Dr. Vasko: In seltenen Fällen ist eine genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung die Ursache, z. B. die familiäre Hypercholesterinämie. Betroffene haben bereits im Kindes- oder Jugendalter sehr hohe Cholesterinwerte, manchmal bis zum Zehnfachen des Normalwerts. Ohne frühzeitige Behandlung kann es schon in jungen Jahren zu schweren kardiovaskulären Komplikationen kommen. Bei den meisten Menschen hingegen entwickeln sich erhöhte Cholesterinwerte schleichend im Laufe des Lebens - als Folge eines ungünstigen Lebensstils in Kombination mit einer familiären Veranlagung. Dabei ist wichtig, dass LDL-Cholesterin zumeist nicht der allein „Schuld“ für das Entstehen schwerer Erkrankungen ist. Es wirkt vielmehr oft im Zusammenspiel mit anderen Risikofaktoren, die die Blutgefäße zusätzlich belasten. Zu diesen gehören insbesondere Bluthochdruck, erhöhter Blutzucker, Übergewicht - vor allem Bauchfett - und Rauchen. Diese Faktoren verstärken sich gegenseitig und erhöhen gemeinsam das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Gefäßkrankheiten.
Was kann man selbst für verträgliche Werte tun?
Dr. Vasko: Die Wirkung bestimmter Diäten auf den Cholesterinspiegel ist wissenschaftlich bislang nicht eindeutig belegt. Zwar gibt es zahlreiche Studien zu verschiedenen Ernährungsformen – etwa zur Mittelmeerdiät oder veganen Kost. Doch die Ergebnisse sind oft widersprüchlich oder nur schwer vergleichbar. Dabei ist wichtig zu wissen, dass ein Großteil des Cholesterins nicht direkt aus der Nahrung stammt, sondern überwiegend in der Leber produziert wird. Die Menge richtet sich nach einem genetisch festgelegten „Sollwert“. Wird über die Nahrung mehr Cholesterin aufgenommen, reduziert die Leber ihre Produktion, und umgekehrt. Wie gut dieser Mechanismus funktioniert, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Auch wenn sich der LDL-Cholesterinspiegel allein durch die Ernährung oft nur begrenzt senken lässt, ist die Auswahl der Lebensmittel entscheidend für die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Eine gesunde Ernährung reduziert die Aufnahme gesättigter Fettsäuren und Transfette und schützt damit die Blutgefäße. Gleichzeitig wirkt sich eine ausgewogene Kost positiv auf Risikofaktoren aus - etwa auf Blutzucker, Blutdruck, Körpergewicht und entzündliche Prozesse im Körper. So wird das Gesamtrisiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt.
Welche Therapieoptionen gibt es?
Dr. Vasko: Die moderne Medizin verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz: Es geht nicht mehr nur darum, einzelne Laborwerte wie das Cholesterin isoliert zu behandeln. Entscheidend ist vielmehr der Blick auf das individuelle Gesamtrisiko, also die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten Jahren eine Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Je mehr Risikofaktoren zusammenkommen, desto wichtiger wird eine gezielte Prävention oder Therapie. Deshalb gilt: Wir behandeln nicht nur den Cholesterinwert, sondern den Menschen mit seinem gesamten Risikoprofil. Einige Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht oder familiäre Veranlagung lassen sich nicht beeinflussen. Andere hingegen sind aktiv veränderbar: Bluthochdruck, Cholesterinspiegel, Blutzucker, Übergewicht oder das Rauchverhalten. Wer frühzeitig an diesen Stellschrauben dreht, kann sein persönliches Risiko deutlich senken – auch bei genetischer Vorbelastung.
Was ist mit Medikamenten?
Dr. Vasko: Statine sind die wichtigste und am besten erforschte Wirkstoffgruppe zur Senkung des LDL-Cholesterins. Sie gelten als sicher sowie wirksam und können bei Risikopatienten das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich senken. Wenn Statine nicht ausreichen oder nicht vertragen werden, können zusätzlich oder alternativ andere Medikamente eingesetzt werden. Dazu gehören Tabletten wie Ezetimib oder Bempedoinsäure. Darüber hinaus gibt es moderne Injektionspräparate, sogenannte PCSK9-Hemmer, die je nach Wirkstoff alle zwei Wochen, monatlich oder sogar nur zweimal jährlich verabreicht werden und das LDL-Cholesterin sehr effektiv senken. In besonders schweren Fällen mit unzureichendem Ansprechen auf Medikamente, kann eine sogenannte Lipidapherese eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine spezielle Blutwäsche zur Entfernung von LDL-Cholesterin. Welche Therapieform im Einzelfall geeignet ist, hängt vom individuellen Risiko, dem Behandlungsziel und der Verträglichkeit ab und wird gemeinsam mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin entschieden.
Kontakt:
B. Braun Gesundheitszentrum Bad Kissingen
Tel. +49 971 6991950
https://www.bbraun.de/mvz-bad-kissingen
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