3D-Technologie
in der Laparoskopie

3D-Laparoskopie – Anwendung in der bariatrischen Chirurgie

Dr. med. Mirko Otto, Funktionsoberarzt, Chirurgische Klinik, Universitätsmedizin Mannheim

Vorwort

Die Universitätsmedizin Mannheim verfügt als Krankenhaus der Maximalversorgung über ein breit gefächertes Spektrum in Diagnostik und Therapie. Einschließlich der Teilzeitkräfte sorgen rund 4.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in rund 30 Kliniken und Instituten für die jährlich rund 76.000 stationären und teilstationären Patienten sowie 210.000 ambulante Patienten.
Die Chirurgische Klinik bietet das gesamte Spektrum der Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie sowie der Adipositaschirurgie. Mit 136 Betten, über 40 Ärzten und einem umfassenden diagnostischen und therapeutischen Angebot ist die Chirurgische Klinik die größte Abteilung an der Universitätsmedizin Mannheim. Seit 2003 führen wir bariatrische Operationen und endoskopische Verfahren in steigender Anzahl durch. Jährlich sind dies ca. 100 bariatrische Eingriffe.

Bariatrische Verfahren

Die Anzahl der bariatrischen Eingriffe nimmt weltweit zu, insbesondere aufgrund der niedrigeren Sterblichkeit der operierten Patienten im Vergleich zur nicht operierten übergewichtigen Vergleichsgruppe. [1] Auch bezüglich der Verbesserung möglicher Begleiterkrankungen wie Diabetes und Hypertonie zeigt sich eine wachsende Evidenz. [2], [3]
Im weltweiten Vergleich liegt die Anzahl der Operationen pro 100.000 Einwohner in Deutschland lediglich bei elf, wohingegen ca. 130 Patienten in den USA operiert werden. Selbst in Schweden, einem Land mit einem wesentlich niedrigeren durchschnittlichen BMI der Bevölkerung werden ca. 90 Eingriffe/100.000 Einwohner durchgeführt. In diesem Zusammenhang scheint es eine eindeutige Notwendigkeit zur Fallzahlsteigerung der bariatrischen Eingriffe in Deutschland zu geben. [2], [4]
Es werden hauptsächlich zwei verschiedene bariatrische Operationen durchgeführt: die laparoskopische Schlauchmagenanlage (LSG) und der laparoskopische Roux-Y-Magenbypass (RYGB). Die aktuelle Datenlage beschreibt eine Gleichwertigkeit beider Verfahren zumindest für die ersten postoperativen Jahre. [5] Für die Jahre danach gibt es aktuell noch keine Langzeitdaten. Es ist von einem Übergewichtsverlust von 60-70% und einer deutlichen Verbesserung der Begleiterkrankungen auszugehen.
Auch in unserer Klinik machen diese beiden Operationsverfahren den überwiegenden Anteil der bariatrischen Operationen aus, da hiermit gute Ergebnisse bei geringer Morbidität erreicht werden können. Aufgrund der verfügbaren Langzeitdaten (über 10 Jahre) empfehlen wir primär den RYGB bei fehlenden Kontraindikationen. Das wären z. B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Zustand nach Nierentransplantation mit wesentlicher Medikamentenabhängigkeit und schwerwiegende intestinale Voroperationen.
Die Anzahl weiterer Verfahren mit Nachweis einervguten Wirksamkeit steigt an. Somit dürfen der Ein-Anastomosen-Bypass (Omegaloop), die biliopankreatische Diversionsoperation mit Duodenalswitch (BPDDS) und auch das Magenband nicht unerwähnt bleiben.
Der Omegaloop ist für Patienten mit einem BMI von 50-60 kg/m2 aufgrund des besseren Gewichtsverlustes im Vergleich zu den zwei herkömmlichen Verfahren eine echte Alternative. Leider ist die Entwicklung eines Magenstumpfkarzinoms nicht auszuschließen, weshalb gerade jungen Patienten von dieser Methode abgeraten werden sollte. [6]
Für sehr schwere Patienten (BMI > 65 kg/m2) kommt häufig nur ein mehrstufiges Konzept in Betracht. Nach initialer Schlauchmagenanlage scheint der BPDDS den besten Gewichtsverlust bei gleichzeitig ausgezeichneter Wirkung auf einen möglichen Diabetes zu haben. Die Lebensqualität, gemessen mittels Fragebögen (BAROS) zu körperlichen, sozialen und psychischen Effekten, ist trotz der operativ verursachten Mangelernährung nach der Operation deutlich verbessert. [7]
Das Magenband lieferte exzellente Daten in einer australischen Studie. [8] Problematisch ist die Notwendigkeit einer intensiven Nachsorge, welche in Deutschland nicht bezahlt wird. Daher ist dieses Verfahren sowohl in Deutschland als auch in unserer Klinik selten. [8]
Verschiedene Methoden sind im Einzelfall auch in Kombination möglich, so z. B. die Anlage eines Magenbandes um einen bestehenden Magenbypass (laparoskopischer banded Roux-Y-Gastric Bypass). Dies sollte allerdings tatsächlich eine absolute Ausnahmeindikation sein, da noch keine Langzeitdaten vorhanden sind, es keine prospektiv randomisierten Überlegenheitsstudien gibt und die negativen Auswirkungen eines Fremdkörpers bereits durch das herkömmliche Magenband bekannt sind.
Es bedarf für jede Indikation und jedes Operationsverfahren eine individuelle, auf den Patienten abgestimmte Entscheidung. Aus unserer Sicht sprechen die guten Langzeitdaten bei guter Verträglichkeit der LSG bzw. RYGB für diese Verfahren. Eine generelle Empfehlung kann für die anderen Methoden aufgrund des fehlenden Nachweises bezüglich der Gleichwertigkeit nicht ausgesprochen werden.

Laparoskopischer Roux-Y-Magenbypass

65 % unserer Patienten erhalten einen RYGB. Wir setzen unter visueller Kontrolle ohne vorherigen Aufbau eines Pneumoperitoneums zunächst einen 12 mm Kameratrokar ein. Dann werden zwei 12 mm Trokare und zwei 5 mm Trokare unter Sicht eingebracht und wir beginnen mit der Abmessung der biliären Schlinge (Dünndarmabschnitt vom Duodenum bis zur späteren Roux-Y-Anastomose), welche 60 cm nach Treitz markiert wird.
Die Schenkellängen sind weiter in Diskussion, weil es in aktuellen Studien Vorteile bei einer längeren biliären Schlinge zu geben scheint. Allerdings stehen prospektiv randomisierte Langzeitdaten noch aus. [9]

Abb. 1: Blauprobe nach erfolgter Gastrojejunostomie

Es wird ein 6-7 cm langer und schmaler Magen-Pouch mit einer Füllmenge von 20 ml gebildet. Hierzu wird zunächst ein Linearstapler kommend von der kleinen Kurvatur quer eingesetzt. Anschließend werden zwei weitere Magazine in Längsrichtung bis zum His´schen Winkel eingebracht.
Die Anlage der Hinterwand der Gastrojejunostomie erfolgt auch mittels eines Linearstaplers, die Vorderwandnaht wird in fortlaufender Nahttechnik durchgeführt, wobei eine Magensonde (28-Charrière) zur Anastomosenkalibrierung eingebracht wird. Die Dichtigkeit der Anastomose und der Klammernähte überprüfen wir durch eine Blaufüllung des Magens.

Abb. 2: Verschluss der Mesolücke nach Stapler Jejunojejuno-Stomie

Die alimentäre Schlinge (Dünndarmabschnitt vom Magenbypass bis zur Roux-Y-Anastomose) wird mit 150 cm veranschlagt. Der jejunojejunale Defekt wird bei uns immer mit nicht-resorbierbarem Nahtmaterial verschlossen. Verschiedene Studien [10] zeigen die Überlegenheit der Versorgung sowohl dieses Defektes als auch des Petersenspaces (dieser liegt zwischen Colon und der heruntergezogenen alimentären Schlinge).
Die jejunojejunale Anastomosenanlage erfolgt durch drei Linearstapler-Magazine. Zunächst werden zwei Magazine in entgegengesetzter Richtung eingesetzt. Diese erzeugen eine ausreichend große Anastomose, welche im Anschluss quer mit einem weiteren Magazin verschlossen wird. Auf eine Fasziennaht wird verzichtet und nach Ablassen des Kapnoperitoneums werden die Trokarzugänge ausschließlich cutan verschlossen.

3D-Technologie (EinsteinVision®)

Mit dem Einsatz der 3D-Technologie konnten wir in den letzten Jahren die Operationszeiten verkürzen. Gerade das laparoskopische Nähen ist deutlich vereinfacht und führt zu weniger Ermüdung beim Operateur. Durch die räumliche Darstellung können Fäden, Nadeln und Gewebe schnell und zielsicher gegriffen werden. Die Stichrichtung und der Winkel der eingespannten Nadel sind eindeutig zu erkennen. Verfahren mit einem großen Nahtanteil wie beim RYGB und beim BPDDS profitieren somit besonders von dem 3D-System. Zu beachten ist, dass die (12 mm) Kameraoptik des EinsteinVision® nicht durch die 12 mm Trokare aller Hersteller passt, so dass hier zunächst ein passendes System gefunden werden muss. Alternativ ist auch die Nutzung eines 15 mm Trokars möglich.

Fazit

Wie die aktuelle Datenlage zeigt, ergibt sich eine deutliche Überlegenheit der operativen bariatrischen Verfahren im Vergleich zur konservativen Behandlung des Übergewichts. Daher wird die Anzahl dieser Operationen auch in Deutschland zunehmen. Neue Techniken wie die 3D-Technologien, welche diese Operationen vereinfachen und durch die kürzeren Operationszeiten einen positiven Kosten-Nutzen-Effekt sowie ein niedrigeres Operationsrisiko der Patienten bewirken, werden ebenfalls zu einer Fallzahlsteigerung beitragen.

Dr. med. Mirko Otto
Funktionsoberarzt, Chirurgische Klinik
Universitätsmedizin Mannheim
Theodor-Kutzer-Ufer 1-3
68167 Mannheim
Deutschland

[1] Sjostrom L, Lindroos AK, Peltonen M, Torgerson J, Bouchard C, Carlsson B, Dahlgren S, Larsson B, Narbro K, Sjostrom CD, Sullivan M, Wedel H. Swedish Obese Subjects Study Scientific Group. Lifestyle, diabetes, and cardiovascular risk factors 10 years after bariatric surgery. N Engl J Med. 2004 Dec 23;351(26):2683-93.
[2] Buchwald H, Oien DM. Metabolic/bariatric surgery worldwide 2011. Obes Surg. 2013 Apr;23(4):427-36.
[3] Lassailly G, Caiazzo R, Buob D, Pigeyre M, Verkindt H, Labreuche J, Raverdy V, Leteurtre E, Dharancy S, Louvet A, Romon M, Duhamel A, Pattou F, Mathurin P. Bariatric Surgery Reduces Features of Nonalcoholic Steatohepatitis in Morbidly Obese Patients. Gastroenterology. 2015 Aug;149(2):379-88; quiz e15-6.
[4] Statistisches Bundesamt.
[5] Peterli R, Borbely Y, Kern B, Gass M, Peters T, Thurnheer M, Schultes B, Laederach K, Bueter M, Schiesser M. Early results of the Swiss Multicentre Bypass or Sleeve Study (SM-BOSS): a prospective randomized trial comparing laparoscopic sleeve gastrectomy and Roux-en-Y gastric bypass. Ann Surg. 2013 Nov;258(5):690-4; discussion 695.
[6] Victorzon M. Single-anastomosis gastric bypass: better, faster, and safer? Scand J Surg. 2015 Mar;104(1):48-53.
[7] Ballesteros-Pomar MD, Gonzalez de Francisco T, Urioste-Fondo A, Gonzalez-Herraez L, Calleja-Fernandez A, Vidal-Casariego A, Simo-Fernandez V, Cano-Rodriguez I. Biliopancreatic Diversion for Severe Obesity: Long-Term Effectiveness and Nutritional Complications. Obes Surg. 2016 Jan;26(1):38-44.
[8] Burton P, Brown W, Chen R, Shaw K, Packiyanathan A, Bringmann I, Smith A, Nottle P. Outcomes of high-volume bariatric surgery in the public system. ANZ J Surg. 2016 Jul;86(7-8):572-7.
[9] Chaux F, Bolanos E, Varela JE. Lengthening of the biliopancreatic limb is a key step during revisional Roux-en-Y gastric bypass for weight regain and diabetes recurrence. Surg Obes Relat Dis. 2015 Nov-Dec;11(6):1411.
[10] Aghajani E, Jacobsen HJ, Nergaard BJ, Hedenbro JL, Leifson BG, Gislason H; Internal hernia after gastric bypass: a new and simplified technique for laparoscopic primary closure of the mesenteric defects. J Gastrointest Surg. 2012 Mar;16(3):641-5.