3D-Technologie
in der Laparoskopie

Exemplarische Darstellung des Einsatzes von 3D-Videotechnologie an der Rektumresektion

Dr. med. Max Mayr, Oberarzt, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg

Vorwort

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg ist mit 900 Betten das größte katholische Krankenhaus Deutschlands und Lehrkrankenhaus der Universität Regensburg.
Die Abteilung für Allgemein- und Visceralchirurgie verfügt über 78 Betten, es werden ca. 3.000 Operationen pro Jahr durchgeführt. Die Abteilung besteht aus einem Chefarzt, einem leitenden Arzt für Proktologie, sechs Oberärzten, 5 Fachärzten und 12 Assistenten.
Es wird mit Ausnahme von Organtransplantationen das gesamte Spektrum der Allgemein- und Visceralchirurgischen Operationen durchgeführt.
Von der deutschen Krebsgesellschaft ist unser Haus zum Darmzentrum, zum Pankreaszentrum und zum onkologischen Zentrum zertifiziert.
Von der deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Visceralchirurgie wurde unser Haus als Kompetenzzentrum für die chirurgische Behandlung der Bauchspeicheldrüse und als Kompetenzzentrum für die chirurgische Behandlung von bösartigen Erkrankungen des Peritoneums ausgezeichnet.
Überregional bekannt ist die Abteilung bei der Behandlung bösartiger Erkrankungen des Bauchfelles. Es werden im Jahr ca. 120 Operationen bei Peritonealkarzinose durchgeführt. Dabei sind im Rahmen der sogenannten Cytoreduktiven Chirurgie neben der parietalen Peritonektomie häufig multiviscerale Resektion notwendig. Im Anschluss an die Operation wird der Bauchraum mit einer hyperthermen Chemotherapielösung gespült.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Therapie des colorektalen Karzinoms. Im Rahmen des Darmzentrums operieren wir im Jahr ca. 100 Primärfälle mit einem Kolonkarzinom und ca. 60 Primärfälle mit einem Rektumkarzinom.
Soweit möglich kommen dabei moderne, minimalinvasive Operationstechniken zum Einsatz. So werden beispielsweise von den Rektumkarzinomen ca. 60 % minimal-invasiv operiert.
Die Abteilung verfügt über einen MIC-Saal mit fest integriertem 2D-Video-Turm und 3 zusätzlichen, fest installierten, HD-Monitoren. Zusätzlich gibt es einen fahrbaren 2D-Video-Turm, sodass parallel in 2 Sälen laparoskopisch operiert werden kann.
Im Mai 2014 wurde als dritte Laparoskopieeinheit ein 3D-Video-Turm der Firma Aesculap (EinsteinVision®) angeschafft. Dieser ist zusätzlich mit einer 2D-HD-Kamera ausgestattet, sodass er auch im Dienst als vollwertige Laparoskopieeinheit eingesetzt werden kann.

Anwendungen der 3D-Videotechnologie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg

Elektiv kommt der 3D-Turm bei allen gängigen laparoskopischen Eingriffen zum Einsatz. Durch die verbesserte räumliche Darstellung bei Routineeingriffen wie der laparoskopischen Cholecystektomie, der TAPP-Hernie oder dem laparoskopischen gastric sleeve profitiert auch der weniger erfahrene Chirurg in Ausbildung von der einfacher darzustellenden Anatomie durch die Vergrößerung und detailtreuen Darstellung anatomischer Strukturen. Dies führt neben dem verbesserten Komfort des Operateurs möglicherweise zu einer Verringerung der Operationszeit und Fehlervermeidung. [1], [6]
Aus unserer Sicht bietet die stereoskopische Darstellung vor allem bei komplexen laparoskopischen Eingriffen wie der Pankreaslinksresektion, [2] der Magenresektion oder dem laparoskopischen Roux-Y gastric bypass den Vorteil einer zuverlässigen und intuitiven Orientierung im Raum mit verbesserter Tiefenwahrnehmung. Bei diesen komplexen Operationen profitiert auch der bereits erfahrene Laparoskopiker. [5], [6]
Nach der durch das Medizinproduktegesetz geforderten Geräteeinweisung kommt man unmittelbar mit der neuen Technik zurecht, so dass es aus unserer Erfahrung nahezu keiner Lernkurve bedarf. Andere Abteilungen berichten über 5 Eingriffe zur Erlernung der Handhabung. [3]
Bei laparoskopischen Operationen mit notwendiger Naht und intrakorporalem Knoten wie beispielsweise der laparoskopischen Fundoplikatio, der Rektopexie, der TAPP oder der Magenresektion mit Anastomosennähten liegen die Vorteile neben der dreidimensionalen Orientierung im Raum vor allem beim Manövrieren ohne direkten Raumbezug wie zum Beispiel beim Ausrichten der Nadel beim laparoskopischen Nähen. [4]
Für einen komfortablen Raumeindruck ist ein Mindestabstand zwischen Laparoskop und Objekt einzuhalten. So ist die 3D-Sicht bei der laparoskopischen Adhäsiolyse beim Verwachsungsbauch, bei der TEP-Hernie oder transanalen Rektumresektionen (TAMIS) eher hinderlich. Bei gestörtem Raumeindruck hilft es, zwischendurch in den 2D-Modus umzuschalten oder primär in 2D zu operieren. [1]
Der Einsatz des 3D-Video-Turmes wird im Folgenden exemplarisch bei der Rektumresektion dargestellt.

Die Rektumresektion im Allgemeinen

Nach flächendeckender Einführung der TME bei der Rektumresektion hat sich die Prognose des Rektumkarzinoms dramatisch verbessert. Durch die komplette Entfernung des Hüllfettgewebes mit unverletztem Mesorektum konnte die Lokalrezidivrate deutlich gesenkt werden. [10] Durch die nun anatomisch korrekte Präparation kommt es zusätzlich zu einem geringeren Blutverlust und durch die Erhaltung der autonomen Nerven zu einem besseren funktionellen Ergebnis bezüglich Blasen- und Sexualfunktion. [8], [9]
Mit zunehmendem Einsatz und Erfahrung in der MIC fand diese bald breiten Einsatz in der operativen Therapie des kolorektalen Karzinoms. [11] Vorteile der MIC sind neben dem kosmetischen Ergebnis der geringere Schmerzmittelverbrauch, frühere Darmtätigkeit, kürzere Liegezeit mit rascher Erholung postoperativ.
Für das Kolonkarzinom konnte auch bald der gleiche onkologische Standard bzgl. Radikalität und Langzeitüberleben nachgewiesen werden. [12]
Die Bewertung der laparoskopischen Rektumresektion bzgl. Radikalität und Langzeitüberleben ist bis heute kontrovers. Die aktuell publizierten Daten der Color II Studie belegen die mindestens eine Gleichwertigkeit der MIC beim Rektumkarzinom bzgl. Radikalität und Langzeitüberleben. [13]
Nach den aktuellen deutschen S3 Leitlinien kann das Kolonkarzinom und das Rektumkarzinom bei entsprechender Expertise des Operateurs und geeigneter Selektion mit gleichen onkologischen Ergebnissen im Vergleich zur offenen OP-Technik laparoskopischoperiert werden.

Die laparoskopische Rektumresektion

Durch diese erwähnten Literaturdaten, Patientenvorteile und Patientenwunsch werden auch außerhalb von Studien zunehmend Rektumkarzinome in jeder Lokalisationshöhe in steigender Zahl laparoskopisch operiert. In unserer Klinik 50 % mit deutlich steigender Tendenz, so dass auf kurz oder lang das lap. Rektum auch einen Ausbildungseingriff darstellen wird.
Bei der laparoskopischen Rektumresektion kommt zunehmend der 3D-Video-Turm zum Einsatz. Während bei dem Vorgängermodell der Kamerakopf noch großvolumig und schwer war, so dass er auf einem speziellen Haltearm gelagert werden musste, ist der neue 3D-Kamerakopf deutlich handlicher und kleiner und vom Ausmaß und Gewicht ähnlich einem konventionellen 2D-Kamerakopf, so dass er problemlos vom Assistenten gehalten werden kann. Wir benutzen eine 30 Grad Optik, diese lässt sich mit Blickrichtung 30 Grad down und 30 Grad up elektronisch verstellen.
Der Patient wird in einer modifizierten Steinschnittlage mit Beine in Verlängerung der Rumpfachse gelagert, der Turm mit der 3D-Einheit steht auf der linken Seite, etwa auf Höhe des Beckens des Patienten, der 3D-Monitor wird so gedreht, dass der rechts vom Patienten stehende Operateur und der Kameramann senkrecht auf den Monitor schauen können. Operateur und Assistent tragen spezielle 3D-Brillen. Die OP Schwester steht zwischen den Beinen und blickt in der Regel ohne Brille auf den zu ihr gedrehten 2D-Bildschirm.
Nach Hautdesinfektion und steriler Tuchabdeckung wird die 3D-Optik, bei der es sich um 2 getrennte Optiken, ummantelt mit einem Rohr (10 mm Durchmesser) handelt, mit dem optischen Einmalbezug konnektiert und ist so steril verpackt. Der Lichtleiter ist im System integriert und muss nicht separat abgegeben werden.
Aus unserer Sicht bietet das System mit dem sterilen optischen Überzug zwei entscheidende Vorteile. Die 3D-Optik hat durch Wegfall notwendiger Sterilisationsvorgänge eine längere Lebensdauer. Zum anderen kann die gleiche Optik ohne Sterilisationsvorgang bei einer Folgeoperation noch am selben Tag erneut eingesetzt werden, so dass nicht mehrere teuere 3D-Optiken vorrätig sein müssen.
Der erste Trokar wird paraumbilikal entweder über Minilaparotomie unter Sicht oder über Veressnadel nach Durchführung der üblichen Sicherheitstests eingebracht. Die weiteren Trokare werden dann an typischer Stelle (rechter Mittel- und Unterbauch, linker Unterbauch) unter Sicht eingebracht. Dabei kann die Kamera elektronisch auf Sicht 30 Grad nach oben geschalten werden. Damit können die Trokare wie gewohnt unter Sicht plaziert werden.
Beginn der Präparation von rechts etwa auf Höhe des Promontoriums. Nach Inzision des Peritoneum viscerale beginnt ein sehr wesentlicher Operationsschritt, nämlich die Mobilisation des oberen Mesorektums mit Darstellung und Schonung der dorsal liegenden hypogastrischen Nerven.
Beim Mesorektum handelt es sich um ein zylindrisches räumliches Gebilde, das mit Hilfe der 3D-Optik mit brillanter Tiefenschärfe räumlich dargestellt wird. Durch diese kulissenartige Betrachtung lassen sich die Beziehungen zur Umgebung direkt darstellen, wodurch sich auch die hypogastrischen Nerven im Bezug zum Mesorektum klarer darstellen und letztlich auch besser schonen lassen.
Der nächste OP-Schritt ist die radikuläre Durchtrennung der A. mesenterica inferior. Hierzu wird weiter von rechts das Mesosigma von der praerenalen Fascie (Gerota) nach links lateral und kranial bis wenn möglich Pankraesunterrand getrennt und der linke Ureter dargestellt. Die zirkumferenzielle Präparation der A. mesenterica inferior ist bei fehlender mechanischer Drehbarkeit der 30 Grad Blickrichtung nach rechts oben – wie gewohnt in der 2D-Laparoskopie – etwas gewöhnungsbedürftig, ist aber nach kurzer Lernkurve gut zu bewerkstelligen. Die A. mes. Inf. lässt sich räumlich darstellen und radikulär zwischen Clips durchtrennen. Präparation weiter nach kranial und Durchtrennen der V. mes inf. zwischen Endoclips am Pankreasunterrand.
Vervollständigung der Mobilisation von Sigma und Colon descendens von lateral bis hinauf zur Milz und komplette Mobilisation der linken Colonflexur. Hierfür erfolgt das Eröffnen der Bursa omentalis durch Abpräparaton des Omentum majus vom linksseitigen Colon transversum. Auch hier hilft die stereoskopische Darstellung für eine zuverlässliche Orientierung im Raum zwischen Mesokolon tansversum, Pankreas und Magenrückfläche.
Präparation im kleinen Becken mit Vervollständigung der TME. Beginn praesakral mit Entwicklung nach lateral beidseits. Bei der kompletten TME wird die dorsale Präparation am Beckenboden in dem Bereich, wo das Rektum die Ebene wechselt und mit einem Winkel nach ventral ansteigt, durch Drehung der Kamera und umschalten auf Blickrichtung 30 Grad nach oben erleichtert. Die dreidimensionale Tiefenwahrnehmung verbessert die anatomische Vorstellung, wobei sich am Verlauf des Mesorektums orientiert wird. Bei der TME Präparation bis in den Bereich, wo das Mesorektum zirkulär ausläuft. Es folgt das Absetzen des Rektums auf Höhe des Beckenbodens unmittelbar oral des Sphinkters mit einem Endo-GIA.
Anschließend Minilaparotomie über Pfannenstielschnitt, Absetzen des Darmes oral mit einknoten einer Gegendruckplatte, Reposition des Darmes und Anastomisierung durch Descendorektostomie Seit zu End oder colopouchanal. Die Konektierung der Andruckplatte an den transrektal ausgefahrenen Dorn ist durch die 3D-Sicht vereinfacht, ebenso das Nähen der Vaginalhinterwand bei Infiltration und Resektion.
Beendet wird die Operation durch Anlage eines protektiven doppelläufigen Ileostomas an praeoperativ angezeichneter Lokalisation.

Fazit

Die ersten Erfahrungen mit dem 3D-Laparoskopieturm sind positiv. Er ist einfach in der Handhabung bei zu vernachlässigender Lernkurve. Der 3D-Laparoskopieturm ist in der täglichen Arbeit integriert und wird sowohl bei häufigen Routineeingriffen als auch bei komplexen onkologischen Operationen eingesetzt.
Hauptvorteil ist die dreidimensionale räumliche Darstellung mit verbesserter Tiefenwahrnehmung. So werden zum einen anatomische Strukturen wie zum Beispiel Nerven im kleinen Becken in ihrem Verlauf und im Bezug zu Nachbarstrukturen besser gesehen und zum anderen gewisse Operationsschritte wie zum Beispiel die intrakorporale Naht deutlich vereinfacht. Davon profitiert sowohl der weniger geübte als auch der erfahrene Laparoskopiker.
Exemplarisch wurden die bisher gemachten Erfahrungen bei der laparoskopischen Rektumresektion mit totaler Mesorektumexzision geschildert.
Ob sich neben dem verbesserten Komfort für den Chirurgen auch die Ergebnisqualität verbessert und sich die Operationszeiten verringern sollte durch klinische Studien weiter getestet werden.

Dr. med. Max Mayr
Oberarzt
Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
Prüfeninger Straße 86
93049 Regensburg
Deutschland

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[13] S3 Leitlinien Kolorektales Karzinom; Version 1.1 – August 2014; AWMF-Registernummer: 021/007 OL.