Die Geschichte der Dialyse

Hämodialyse: Die Geschichte der Dialyse

B. Braun Dialysezentrum in Ungarn 1991
In Ungarn eröffnet das weltweit erste Dialyse-Zentrum von B. Braun.

Die Ursache von Nierenversagen und effektive Behandlungsmöglichkeiten wurde in der Medizin lange Zeit intensiv erforscht und blieb bis zur Entdeckung des Dialyseverfahrens bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts erfolglos. In den 1920er Jahren wurde das Dialyseverfahren zu Nierenersatz-Zwecken sogar noch von einflussreichen Teilen der Ärzteschaft abgelehnt. Erst in den 1950er-Jahren gelang der Durchbruch in der klinischen Dialyse. Ab den 1980er Jahren konnte dann eine annähernd flächendeckende Versorgung mit Dialyse in den strukturstarken Ländern erreicht werden. Heute bietet B. Braun in mehr als 380 Nierenzentren mit Standorten in über 30 Ländern die Betreuung von Dialysepatient*innen an. Erfahren Sie auf dieser Seite mehr über die Geschichte der Dialyse und die Entwicklung des Dialyseverfahrens bis hin zu den Therapieformen, die wir heute kennen.

Geschichte: Die Anfänge der Dialyse

Im Laufe der Geschichte waren viele Wissenschaftler*innen an der Entwicklung des Dialyseverfahrens beteiligt. Der Erste, der die Dialyse als Trennverfahren beschrieb, war Thomas Graham, ein britischer Chemiker. In seinen Aufzeichnungen bezog sich Graham auf die Anwendung im chemischen Labor, verwies jedoch auch auf die interdisziplinären Anwendungsmöglichkeiten. In seiner Forschung beschäftigte er sich vor allem mit der Trennung gelöster Stoffe und dem Entzug von Wasser aus Lösungen mithilfe semipermeabler (halb-durchlässiger) Membranen und ebnete damit den Weg der Forschung auf diesem Gebiet.

Auf Basis von Grahams Aufzeichnungen entwickelten John Abel, Leonard Rowntree und Benjamin Turner von der John Hopkins University in Baltimore, USA, das erste Hämodialysegerät und bezeichneten es als „künstliche Niere“. Um das Blut durch den Dialysator leiten zu können, musste die Gerinnungsfähigkeit des Bluts zeitweise unterbunden werden. Für diesen Zweck nutzten die Wissenschaftler Hirudin. Der gerinnungshemmende Wirkstoff wurde bereits 1880 im Speichel von Blutegeln identifiziert. Um kein größeres Risiko einzugehen, wurde das neuartige Gerät vorerst nur an narkotisierten Tieren getestet.

1924: Die erste Dialyse an einem Menschen

Die Geschichte der Dialyse setzte sich am Universitätsklinikum in Gießen fort, wo der Arzt Georg Haas 1924 die erste Dialysebehandlung an einem Menschen durchführte. Bis 1928 dialysierte Haas insgesamt sechs weitere Patient*innen, von denen jedoch keine*r überlebte. Dies war nicht zwingend auf die neuartige Behandlung, sondern eher auf die mangelnde Effektivität der Behandlung sowie die ohnehin schon kritischen Gesundheitszustände der Patient*innen zurückzuführen.

Anfangs setzte auch Haas Hirudin als gerinnungshemmendes Mittel ein, sah aber mit der Zeit davon ab, da die Substanz bei den Patient*innen allergische Reaktionen auslöste und zu weiteren Komplikationen führte. Das lag unter anderem daran, dass die Substanz nur unzureichend gereinigt wurde und die Gattung der Blutegel genetisch zu weit vom Menschen entfernt angesiedelt ist. Bei Haas‘ letzter Behandlung kam stattdessen Heparin zum Einsatz, das aufgrund seiner Verträglichkeit noch heute zur Gerinnungshemmung verwendet wird.

Durchbruch der Dialysebehandlung im Jahr 1945

Die erste erfolgreiche Dialysebehandlung – und damit ein Meilenstein in der Dialysegeschichte – gelang dem niederländischen Internisten Willem Kolff im Jahr 1945. Er dialysierte eine 67-jährige Patientin mit akutem Nierenversagen mithilfe der von ihm entwickelten „Trommelniere“. Die Nierenfunktion der Patientin konnte ersetzt werden. Der Behandlungserfolg war unter anderem den technischen Verbesserungen zu verdanken: Membranschläuche aus Cellophan, einem innovativen Material auf Zellulosebasis, wurden auf eine Holztrommel gewickelt, die während der Behandlung wiederrum durch ein Bad mit einer Elektrolytlösung (Dialysat) rotierte. Die schädlichen und zu entfernenden urämischen Toxine traten während dem Prozess aufgrund physikalischer Grundsätze in das Dialysat über – das Blut wurde „gewaschen“.

Weitere Modifikationen an dem Dialysegerät wurden am Peter Bent Brigham Hospital in Bosten, USA, durchgeführt. Anschließend wurde die Kolff-Brigham-Trommelniere zwischen 1954 und 1962 an insgesamt 22 Krankenhäuser weltweit verschickt. Auch die Zwillingsspulenniere von Kolff und dem österreichischen Arzt Bruno Watschinger, die 1956 vorgestellt wurde, erleichterte die Handhabung für das medizinische Personal erheblich1.  

1966: Behandlung von chronischen Nierenerkrankungen

Die 1966 entwickelte Cimino-Brescia-Fistel trug dazu bei, dass von nun an auch chronische Nierenerkrankungen behandelt werden konnten2. Durch das häufige Punktieren werden die Blutgefäße auf Dauer geschädigt und können irgendwann nicht mehr punktiert werden. Um die Behandlung möglichst kurz zu gestalten, werden außerdem möglichst große Blutgefäße punktiert, die die Waschung von vielen Litern in kurzer Zeit erlauben. Michael Brescia und James Cimino verbanden in einem chirurgischen Eingriff eine Arm-Arterie mit einer Vene und schufen damit eine frühere Version der heute geläufigen Shunts. Dank dieser Technik konnte das Infektionsrisiko verringert werden, eine Dialysebehandlung war auch über Jahre hinweg möglich.

Ende der 1960er-Jahren wurde die Dialyse in Deutschland zur Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung und schuf eine wichtige Voraussetzung für die Behandlung aller Nierenpatient*innen. Die neue, kontrollierte Ultrafiltration der 1970er-Jahre machte die Dialyse noch effektiver und verträglicher für die Patient*innen. Kurz darauf ergänzte die Hämofiltration die gängige Hämodialyse. Hierbei ließ sich ein höherer Spüleffekt bei langsamerer Entgiftung erzielen. Membranmaterialien, Dialysatoren und Dialysegeräte wurden kontinuierlich verbessert und von da an in immer höheren Stückzahlen industriell gefertigt.

Hämodialyse: Die Geschichte von B. Braun

B. Braun Hämodialysegerät "HD 103" von 1971/72
Hämodialysegerät HD 103 von 1971/72

Mit dem Durchbruch der Dialysebehandlung in den 1950er-Jahren engagierte sich auch B. Braun für die damalige Technik. Das Unternehmen begann als Zulieferer für die extrakorporale Blutbehandlung (Blutreinigung außerhalb des Körpers). Rund zehn Jahre danach startete die Produktion eigener Dialysemaschinen in Zusammenarbeit mit einer Partnerfirma.

Jede neue Generation an Dialysegeräten ließ die Behandlung der Patient*innen immer sicherer werden. Vor allem die Digitalisierung der Medizintechnik in den 1980er-Jahren bedeutete eine erhebliche Erleichterung für das medizinische Personal. Ein bedeutsamer Meilenstein für B. Braun stellte das weltweit erste Touch-Display für Dialysemaschinen dar. Anfang der 1990er-Jahre eröffnete B. Braun außerdem sein erstes Dialysezentrum in Budapest, Ungarn. Damit konzentrierte sich B. Braun nicht mehr nur auf die die Produktion der Geräte und Verbrauchsmaterialien für die Dialysetherapie, sondern bot darüber hinaus eine Reihe an Dienstleistungen für Dialysepatient*innen an. Besonders in Osteuropa sind vor 1990 noch viele Menschen aufgrund fehlender Behandlungsmöglichkeiten an chronischer Niereninsuffizienz gestorben. B. Braun hat sich damals wie heute nachhaltig engagiert, um die Dialyse in benachteiligten Regionen und Ländern verfügbar zu machen. Zum jetzigen Zeitpunkt betreibt B. Braun über 300 Dialysezentren weltweit, darunter auch in vielen Entwicklungsländern.

Die Hämodialyse heute und in Zukunft

Schaubild zum Ablauf der Hämodialyse

Die Hämodialyse ersetzt größtenteils die Funktionen der Nieren bei Patient*innen mit Niereninsuffizienz. Moderne Dialysegeräte überwachen die Patient*innen während der Behandlung und ermöglichen schnelle Eingriffe bei kritischen Zuständen. Das ist besonders bei älteren Patient*innen oder Menschen mit Begleiterkrankungen enorm wichtig.

Bei der Hämodialyse wird dem Körper während jeder Sitzung eine größere Menge Blut entnommen, um dieses zu reinigen. Die Blutentnahme erfolgt in den meisten Fällen über einen sogenannten Dialyse-Shunt am Arm der Patient*innen (1). Dieser ist über einen Blutschlauch (2) mit der Dialysemaschine verbunden (4) und wird von der Blutpumpe (3) angetrieben.

Bei der Hämodialyse wird eine künstliche Membran als Dialysator (5) verwendet. Die darin enthaltenen, hohlen Fasern sind halb durchlässig: Um die Giftstoffe aus dem Blut zu filtern, fließt frisches Dialysat (6) durch den Filter und umspült die Fasern von außen. Im verbrauchten Dialysat (7) landen die Giftstoffe, Harnstoff und andere Partikel, die durch diese Membran gelangen, während das Blut durch das Innere der Hohlfaser strömt. Das gereinigte Blut wird anschließend über den Blutschlauch zurück in den Körper gepumpt (8).

Die Nieren eines gesunden Menschen waschen circa 10.000 Liter Blut pro Woche. Im Vergleich dazu schafft die Dialyse nur etwa 300 Liter. Außerdem sind die menschlichen Nieren bei der Blutwäsche „gründlicher“ als jede Dialysemaschine. Allerdings trägt der technische Fortschritt dazu bei, die Dialyse immer effizienter zu gestalten: In Zukunft soll mehr Blut pro Dialyseeinheit gereinigt werden können und auch die Effektivität („Gründlichkeit“) der Reinigung soll erhöht werden.

Modernste Technik für die Heimdialyse: Wie geht die Geschichte weiter?

Moderne Dialysemaschinen verfügen über digitale Monitoring- und Datenmanagementsysteme, teilweise kommen sogar Online-Technologien und die Vernetzung mit spezieller Software zum Einsatz. Diese ist unter anderem für die Heimhämodialyse besonders relevant: Während sich die Patient*innen zu Hause dialysieren, werden ihre Therapiedaten zur Kontrolle an das verantwortliche Dialysezentrum geschickt.

Mögliche Entwicklungen der Dialyse in der Zukunft:

  1. So wie Wissenschaft und Ingenieur*innen an autonom fahrenden Autos arbeiten, wird heute auch an autonom arbeitenden Dialysegeräten geforscht.
  2. So wie unbemannte Flugkörper (Drohnen) ferngesteuert werden, ist es vielleicht in Zukunft möglich auch Dialysemaschinen fernzusteuern.
  3. So wie Fahrzeuge immer sicherer werden und die Zahl der Verkehrsunfälle sinkt, strebt man danach die Dialysebehandlung sicherer zu gestalten.
  4. So wie das Autofahren und Fliegen immer individueller, kundenfreundlicher und bequemer wird, strebt man danach, dass auch medizinische Behandlungen immer individueller, patientenfreundlicher und komfortabler werden.
  5. So wie viele moderne Behandlungen (Chemotherapie, Blutzuckereinstellung bei Diabetes, Ernährungstherapien, usw.) immer mehr aus dem Krankenhaus in das häusliche Umfeld verlagert werden, sollte man versuchen, die Heimdialyse breitflächig zu ermöglichen.

Die Heimdialyse wird für die Medizin eine immer relevantere Behandlungsmethode. Denn die Herausforderung liegt längst nicht mehr ausschließlich in den therapeutischen Möglichkeiten, sondern vielmehr in den mangelnden Kapazitäten der Zentren. Die Zahl der Dialysepatient*innen steigt aufgrund der Überalterung der Gesellschaft und überlastet damit zunehmend das medizinische Personal vor Ort. Doch nicht nur die Zentren können von der neuen Behandlungsmethode profitieren: Die Heimhämodialyse kann die Lebensqualität der Patient*innen steigern.

Sie sind Dialysepatient*in und interessieren sich für die Heimhämodialyse mit dem DAHEIM Service von B. Braun? Kontaktieren Sie uns! Gemeinsam klären wir Ihre Fragen und suchen das Gespräch mit Ihren behandelnden Ärzt*innen. Füllen Sie entweder unser Kontaktformular aus oder melden Sie sich per E-Mail an daheim-service@bbraun.com oder per Telefon unter +49 (0) 56 61 – 71 46 11 bei unserem Service-Team.

Portrait-Aufnahme von Simone Klein, der Leiterin des B. Braun Heimdialyse Services.
Simone Klein
Leiterin Heimhämodialyse Service
Organisation
Simone Klein ist als Leiterin des Heimhämodialyse-Teams von B. Braun Ihre erste Ansprechpartnerin und verantwortet den gesamten Daheim Service.
Portrait-Aufnahme von Julia Bangert, der Operations Managerin des B. Braun Heimdialyse Services.
Als Operations Managerin ist Julia Bornemann für alle organisatorischen Themen im Rahmen der Heimdialyse und der Umstellung der Patient*innen zuständig.

1 Zentralblatt für Chirurgie, Band 93, Ausgaben 14-26, Barth, 1968:573
2
M. Hegenscheid, W. Hepp, Dialyseshunts, Grundlagen — Chirurgie — Komplikationen, Steinkopff, 2013:6