Therapie
Harnkontinenzstörung

Therapie bei Harnkontinenzstörungen

Konservative Therapiemaßnahmen

Die konservativen Maßnahmen stellen das Fundament in der Behandlung der Harnkontinenzstörungen dar. Für die Therapie der Belastungsinkontinenz und der Dranginkontinenz können aktive Verhaltensmodifikationen des Patienten erfolgreich eingesetzt werden.

Dazu zählen primär veränderte Trink- und Miktionsgewohnheiten und Gewichtsreduktion, ebenso wie Änderungen im persönlichen Umfeld. Ein Trink- und Toilettenprotokoll kann die inkontinenzauslösenden Faktoren aufzeigen und als individuelle Grundlage der Therapieplanung (Blasen-, Toilettentraining) herangezogen werden.

Physiotherapeutische Maßnahmen sind bei Dysfunktion der Sphinkter- und Beckenbodenmuskulatur angezeigt. Die geschulte Aktivierung wie Entspannung des Beckenbodens bewirkt einerseits eine verbesserte muskuläre Kontinenzfunktion, andererseits werden reflektorisch Drangbeschwerden gelindert. Die Anwendung von Biofeedback-Instrumenten kann den Effekt der Therapiemaßnahmen unterstützen und optimieren. Eine zunehmende Rolle in der Behandlung der Inkontinenz stellt die medikamentöse Therapie dar. Für die entsprechenden Indikationen stehen Antimuskarinika, Botulinumtoxin A, Beta-Mimetika, Östrogene, Vanilloide und Phosphodiesteraseinhibitoren zur Verfügung.

Operative Möglichkeiten

Das Ausschöpfen konservativer Therapiemaßnahmen vor einer operativen Intervention ist unabdingbar. In bestimmten Fällen bleibt keine andere Wahl bzw. empfiehlt es sich, operative Methoden anzuwenden. Die meisten Operationsmethoden folgen dabei dem Prinzip, ursprüngliche anatomische Strukturen wiederherzustellen.

Je nach Form und Ausprägung der Kontinenzstörung gibt es heute verschiedene Operationsverfahren. Die Methoden richten sich nach der Form und der Schwere der Kontinenzstörung sowie nach dem Geschlecht der Betroffenen. Bei einer Belastungsinkontinenz, von der hauptsächlich Frauen betroffen sind, gibt es die meisten operativen Möglichkeiten.

Vordere und hintere Scheidenplastik

Die bekanntesten sind die vordere bzw. hintere Scheidenplastik. Bei der vorderen Scheidenplastik wird eine Polsterung über die Scheide gesetzt und damit eine Anhebung der Blase erzielt. Ziel ist es, den natürlichen Verlauf der Harnröhre wiederherzustellen. Bei der hinteren Scheidenplastik werden die Muskeln im Damm und Beckenboden gestrafft. Dadurch kann sich der Mastdarm nicht mehr in Richtung Scheide bewegen. Oftmals werden auch die vordere und hintere Scheidenplastik in einem Eingriff zusammengefasst. Seit der Einführung der Vaginalbänder (s. u.) ist die Scheidenplastik zunehmend nur noch speziellen Indikationen vorbehalten.

Einsatz eines TVT-Bandes

Die Therapie der Wahl bei Belastungsinkontinenz ist der Einsatz eines synthetischen Vaginalbandes. Eine der gebräuchlichsten Versionen ist das TVT-Band (Retropubisch, transobturatorisch, vaginal single-incision). Hierbei handelt es sich um ein aus einem Kunststoff (Prolene) bestehendes Halteband, welches über ein bis zwei kleine Einschnitte oberhalb des Schambeines um die Harnröhre gezogen wird. Dadurch wird die Harnröhre angehoben und der natürliche Verlauf wiederhergestellt.

Statistiken haben bei dieser Form der operativen Korrektur für 62 % bis 98 % aller operierten Patienten einen Langzeiterfolg nachgewiesen, wobei das transobturatorisch eingebrachte Band dem retropubischen bezüglich der Lebensqualität leicht überlegen scheint.

Zellbasierte Therapie der Belastungsinkontinenz

Eine Möglichkeit der funktionellen Wiederherstellung des Sphincterapparates ist das derzeit noch präklinisch evaluierte Tissue Engineering (TE) bzw. die Stammzelltherapie. Hierbei werden Vorläuferzellen der quergestreiften Muskulatur zur Regeneration des Sphincterkomplexes verwendet, sie werden direkt in den M. sphincter externus appliziert. Aufgrund der vielfältigen positiven Erfahrungen aus präklinischen Studien wird für diese Therapiemöglichkeit ein großes klinisches Potential erwartet.

Neoblase

In besonders schweren Fällen kann auch die Anlage eines MAINZ-Pouches erfolgen. Hierbei wird die Harnblase entfernt und es wird eine neue aus einem Dünndarmsegment angelegt. Diese wird später durch die Katheterisierung mittels Einmalkatheter i. d. R. über den Bauchnabel entleert.

Urostomie

Selten kann es auch zur Anlage einer sogenannten Urostomie kommen. Bei der Urostomie wird der Urin kontinuierlich über einen auf der Bauchdecke angelegten Ausgang abgeleitet. Dieser Urin wird mittels einer speziellen Versorgung dann in einem Beutel gesammelt.

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