Nierenfreundliche Ernährung
ohne Dialysepflicht

Nicht weniger Genuss. Mehr Achtsamkeit. 

Eines lernen Menschen mit einer chronischen Niereninsuffizienz (CNI) sehr schnell: Ernährung und Lebensqualität gehören weiterhin zusammen. Aber anders.

Wichtig ist, was schmeckt und wie es mit Ihrer Nierenerkrankung zusammenpasst. Wenn die Nieren nicht mehr in vollem Umfang funktionieren, ist es notwendig, die Ernährung auf die Veränderung im Körper anzupassen.

Lassen Sie sich auf die neue Esskultur ein. Es geht nicht um weniger Genuss. Es geht um mehr Achtsamkeit – für Sie selbst, für Ihre Gesundheit und für Ihr Wohlbefinden. 
Hier erfahren Sie, worauf es jetzt bei der Ernährung ankommt: Mit chronischer Nierenerkrankung aber noch ohne Dialyse (Prädialyse).

Patientin mit Niereninsuffizienz mit Partner beim Arzt
Vieles wird neu für Sie sein, wenn eine chronische Nierenerkrankung diagnostiziert wird. Auch über eine Ernährungsumstellung werden Ihre Nephrolog*innen mit Ihnen sprechen.

Warum muss ich mich mit Nierenproblemen anders ernähren?

Die Frage ist berechtigt. Auf den ersten Blick sind Nieren und Ernährung nicht so ganz eng miteinander verknüpft. Auf den zweiten Blick wird deutlich, wie eng Nierenfunktion und Ernährung zusammenhängen.

Ihre Niere ist nicht mehr in der Lage das Blut so filtern, wie Sie es vor Ihrer Erkrankung konnte. Die Folgen einer Niereninsuffizienz sind oft komplexe Stoffwechselstörungen, die den Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und den Elektrolythaushalt beeinflussen können. Mangelerscheinungen können entstehen und umgekehrt kann es zu einem Zuviel an Abfallstoffen kommen. 

Auch andere Funktionen – wie z. B. die Flüssigkeitsausscheidung – erfüllen Ihre Nieren nur noch eingeschränkt.

Wie stark Sie Ihre Ernährung umstellen müssen, hängt sehr von der Restfunktion Ihrer Nieren ab.

Wenn die Nierenschwäche weiter fortschreitet, kann es sein, dass auch die Ernährungstherapie angepasst werden muss.

Behalten Sie deshalb ein paar Parameter im Blick und informieren Sie Ihre Nephrolog*innen, wenn Sie Veränderungen bemerken.

  • Körpergewicht:
    Sprechen Sie über Gewichtsverlust oder auch Gewichtszunahme mit Ihren Ärzt*innen. Sie können ein erstes Zeichen für Mangelernährung oder Wassereinlagerungen sein.
  • Ausgeschiedene Urinmenge:
    Wenn Sie merken, dass die Urinmenge, die Sie täglich ausscheiden, weniger wird, teilen Sie diese Beobachtung mit Ihren Ärzt*innen. Es kann ein Hinweis auf ein Fortschreiten der Nierenerkrankung sein, wenn weniger Flüssigkeit ausgeschieden wird.
  • Wasser in den Beinen und Atemnot:
    Beides kann darauf hinweisen, dass Sie Wasser im Körper einlagern. Dann kann es erforderlich werden, Ihre Flüssigkeitszufuhr zu reduzieren.

Ziele der Ernährungsumstellung bei chronischer Niereninsuffizienz (CNI) in der Prädialyse-Phase

Prädialyse bedeutet: Sie sind noch nicht dialysepflichtig (lat. prä = vor, also vor der Dialysepflicht). Um Ihre Lebensqualität möglichst hoch zu halten, soll dieser Zustand solange es geht erhalten bleiben. Die Ernährungstherapie verfolgt – in Kombination mit der medikamentösen Therapie – genau dieses Ziel.

Ernährungstherapie soll dazu dienen:

  • Einen guten Ernährungszustand zu erhalten und die Abwehrkräfte zu verbessern
  • Folgeerkrankungen zu vermeiden
  • Herzrhythmusstörungen vorzubeugen
  • Die Blutdruckeinstellung zu unterstützen
  • Lebensqualität zu steigern und das Wohlbefinden zu verbessern.

Im Fokus stehen dabei die Eiweiß- und Energiezufuhr, die Phosphatwerte, der Kaliumspiegel, die Flüssigkeits- und Kochsalzzufuhr.

Wenn wir Ihnen jetzt einige Tipps geben, was Sie bei Ihrer Ernährung mit Niereninsuffizienz ohne Dialyse beachten sollen, bedenken Sie bitte:

Unsere Empfehlungen können keine individuelle Beratung durch Ihre Nephrolog*innen oder Ihr Ernährungsteam in Ihrer Dialyse ersetzen. Jeder Mensch mit Niereninsuffizienz bedarf einer individuellen Ernährungsberatung. Darüber hinaus muss die Ernährungstherapie immer wieder an den aktuellen Gesundheitszustand angepasst werden.

Was Sie bei Nierenerkrankungen ohne Dialysepflicht (Prädialyse) bei der Ernährung beachten sollten

Reduzieren Sie Eiweiß (Proteine)

Gesunde Nieren filtern die Abfallstoffe des Proteinstoffwechsels. In den frühen Stadien einer Nierenerkrankung sollte eine zu hohe Eiweißzufuhr vermieden werden. Eine leichte Reduktion kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

Ein wichtiger Hinweis:

Nehmen Sie nicht mehr als 0,8 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag zu sich. Dies entspricht der Menge, die auch ein gesunder Mensch aufnehmen sollte. Allerdings liegt die tatsächliche Eiweißaufnahme bei Gesunden oft deutlich darüber.

Eiweiß ist nicht gleich Eiweiß – Der Begriff der biologischen Wertigkeit

Die Qualität von Eiweiß unterscheidet sich nach ihrer „biologischen Wertigkeit“. Der Begriff klingt nach ökologischer Weidehaltung und Ökofutter. Dahinter versteckt sich allerdings folgendes: Je höher die biologische Wertigkeit, desto besser kann der Körper das in diesen Nahrungsmitteln enthaltene Eiweiß in körpereigenes Eiweiß umwandeln.

Durch geschickte Kombination von pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln lässt sich eine hohe Eiweißqualität erreichen.

Proteine sind Teamspieler

In bestimmten Kombinationen erhöht sich die biologische Wertigkeit von Eiweißen.

Biologische Wertigkeit ausgewählter Lebensmittel

 
KombinationVerhältnisBiologische Wertigkeit
Vollei + Kartoffeln36% : 64%136
Milch + Weizenmehl75% : 25%125
Vollei + Milch76% : 24%119
Milch + Kartoffeln51% : 49%114
Vollei + Bohnen35% : 65%109

Wie sich die Eiweißqualität durch Kombination erhöhen lässt.

Daraus ergeben sich verschiedene kluge Kombinationen und leckere Speisen:

Lebensmittel bei Niereninsuffizienz: Kartoffeln und Ei

Kartoffeln plus Ei:

  • Kartoffelauflauf
  • Bauernfrühstück
  • Senfeier
  • Kartoffelpuffer
  • Tortilla
Lebensmittel bei Niereninsuffizienz: Milch und Weizenmehl

Milch plus Weizenmehl:

  • Müsli
  • Dampfnudeln
  • Pfannkuchen
  • Armer Ritter
  • Hefezopf
  • Gebäck
Lebensmittel bei Niereninsuffizienz: Kartoffeln und Milch

Milch plus Kartoffeln:

  • Kartoffelgratin
  • Kartoffelpüree
  • Schupfnudeln
Lebensmittel bei Niereninsuffizienz: Ei und Bohnen

Bohnen plus Ei:

  • Spiegelei mit Bohnen
  • Bohneneintopf mit Eierstich
Eiweißreiche Lebensmittel - nicht empfehlenswert bei Niereninsuffizienz ohne Dialyse
Viel Eiweiß steckt z.B. in Fleisch, Fisch, Milchprodukten, Eiern und Bohnen.

Was Sie sonst noch wissen und beachten sollten? Hier 5 Protein-Tipps

  1. Werden Sie Teilzeit-Veggie
    Eine vegetarische Ernährung ist eine gute Wahl. Tierische Produkte enthalten tendenziell viel Protein. Deshalb sollten Sie nicht zu viel davon verzehren. Essen Sie pro Woche höchstens 2 Eier, 2 kleine Portionen Fleisch (à 100 g) und 1 kleine Portion Fisch (à 100 g).

    Sprechen Sie mit Ihren Ärzt*innen oder Ernährungs-berater*innen: Bei vegetarischer oder veganer Ernährung sollten Sie Ihren Kaliumspiegel im Blick behalten, um eine Hyperkaliämie rechtzeitig zu erkennen.

  2. Heute schon geWokt?
    Leckere vegetarische Kombinationen lassen sich im Wok-Stil zaubern. Kombinieren Sie z.B. Ei mit Gemüse und Hülsenfrüchte mit Reis, Nudeln oder Kartoffeln. Bunt gemixt aus Wok oder Pfanne mit wertvollen Ölen verfeinert – direkt in den Veggie-Himmel.

  3. Tofu und Soja? Machen Sie den Protein-Check!
    Wer sich überwiegend pflanzlich ernährt, greift häufiger zu Tofu- und Sojaprodukten. Aber auch hier ist Vorsicht besser als Nachsicht: Pro Portion sollten nicht mehr als 20 g Eiweiß enthalten sein.

  4. Brot ohne Wurst?
    Salami, Schinken, Gouda und Co. sind bei Weitem nicht alternativlos. Versuchen Sie mal pflanzliche Brotaufstriche, Kräuter, Tomaten oder Pesto. Lecker!

  5. Feine Fette – seien Sie wählerisch
    Bevorzugen Sie Fette mit hochwertigen ungesättigten Fettsäuren, wie z.B. Raps- oder Olivenöl.

Verzichten Sie auf Salz – Werden Sie Aromatiker

Dass zu viel Salz der Gesundheit nicht zuträglich ist, gilt auch für Menschen ohne chronische Nierenerkrankung. Mit chronischer Nierenerkrankung tun Sie sich Gutes, wenn Sie umso mehr darauf achten.

8 g Salz binden ungefähr einen Liter Wasser im Körper.

So kann die tägliche „Überdosis“ aus dem Streuer in Summe zu Wassereinlagerungen, Bluthochdruck und Ödemen führen.

Eine Reduktion der Kochsalzzufuhr auf 5-6 g / Tag wird empfohlen.    

Achten Sie auch auf Salz, das sich in allerlei Leckereien versteckt, z.B. in:

  • Fertiggerichten
  • gesalzenen Snacks
  • gepökeltem Fleisch
  • Brot
  • Käse
  • Brühwürfeln

Kochsalzersatz ist keine Lösung

Verzichten Sie auf sogenannte Diätsalze. Sie basieren auf Kalium. Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz haben ein erhöhtes Risiko für Hyperkaliämie.

Der ultimative Tipp für Salz-Verächter mit ungetrübter Genusslust

Kochen Sie selbst aus frischen Zutaten. Plündern Sie Ihren Kräutergarten und seien Sie verschwenderisch und phantasievoll beim Einsatz von Gewürzen.

Haben Sie Geduld mit sich

Geschmacksgewohnheiten lassen sich – bei allem guten Willen – nicht so schnell ausmerzen. Reduzieren Sie Ihren Salzkonsum in kleinen Dosen. Dann ist es leichter.

Behalten Sie den Flüssigkeitshaushalt im Blick

Solange Sie sich nicht einer Dialyse unterziehen, können Sie die Trinkmenge von 1,5 l in der Regel beibehalten. Ein „Spülen“ der Nieren durch übermäßige Flüssigkeitszufuhr hat keine günstigen Wirkungen gezeigt.

Sollten Sie z.B. an einer Herzerkrankung oder fortgeschrittener Niereninsuffizienz leiden, wird die Trinkmenge individuell vom Arzt festgelegt.

Seien Sie achtsam für Veränderungen

Sollten Sie bemerken, dass Sie immer weniger Urin ausscheiden, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, damit die empfohlene Trinkmenge ggf. angepasst werden kann. Denn Wassereinlagerungen im Körper können Ihre Gesundheit nachhaltig schädigen.

Achten Sie auf Phosphate (Phosphor)

Phosphate sind gut für unsere Knochen und unseren Energiestoffwechsel. Überschüssiges Phosphat wird normalerweise über die Nieren ausgeschieden.

Bei Nierenversagen funktioniert dieser Filtermechanismus nicht mehr und es verbleibt zu viel Phosphat im Körper. Dann kann es zu einer Hyperphosphatämie kommen. Das Kalziumphosphat lagert sich im Blut und im Gewebe ab. Im Ernstfall können Durchblutungsstörungen, Schlaganfall und Herzinfarkt die Folgen sein. Das Tückische: Es gibt kaum bemerkbare Symptome der Hyperphosphatämie.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin ist die Einschränkung der Phosphatzufuhr bei chronischer Niereninsuffizienz meist notwendig.

Phosphat ist in vielen Lebensmitteln enthalten: Fleisch, Fisch, Käse, Hülsenfrüchte, Getreide, Reis.

Wie können Sie trotzdem die Phosphatzufuhr senken?

Achten Sie auf Phosphate, die die Lebensmittelindustrie der Nahrung künstlich zusetzt, um bestimmte Produkteigenschaften zu erzielen. Dazu zählen Konservierungsstoffe, Emulgatoren, Säureregulatoren und Geschmacksverstärker.

3 Tipps zur effektiven Phosphatregulierung:

  1. Vermeiden Sie Fertigprodukte, kochen Sie frisch.
  2. Achten Sie bei Nahrungsmitteln auf die E-Ziffern:
    E 338, E 339, E 340, E 341, E 343, E 450 a, E 450 b, E 450 c, E 540, E 543, E 544, E 1410, E 1412, E 1413, E 1414, E 1442.
    Dahinter verstecken sich Phosphate.
  3. Weil es kaum Obst und Gemüse mit hohem Phosphatanteil gibt, kommt Ihnen im prädialytischen Stadium eine überwiegend vegetarische Ernährung zugute.

Schreitet die Niereninsuffizienz voran, sodass der Phosphatspiegel nicht mehr über die Nahrung zu regulieren ist, werden Ihnen Ihre Nephrolog*innen einen Phosphatbinder verschreiben, der den Phosphatspiegel im Blut senkt. 

Ein wichtiger Hinweis:

Achtung! Lebensgefahr für Nierenkranke

Vermeiden Sie unbedingt den Verzehr der Sternfrucht. Die Sternfrucht (Karambola) kann bei Menschen mit Niereninsuffizienz zu Vergiftungserscheinungen von Erbrechen über Krampfanfälle bis hin zum Tod führen.

Alles muss raus!

Sagen SIe ihren Ärzt*innen und Ernährungsberater*innen unbedingt ALLES, was Sie an Medikamenten zu sich nehmen – auch, was sie sich "privat" verabreichen.
Manches, womit man seine Gesundheit unterstützen möchte, birgt ungeahnte Risiken. Produkte aus dem Internet, vielleicht aus der alternativen Medizin, scheinbar harmlose Tees oder Kräuter können Wechselwirkungen mit Ihren Medikamenten haben oder ihre Effektivität reduzieren und sich negativ auf die Therapie auswirken.